von Jessica D.S. Seemeyer
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23 Juni, 2022
Die evangelische Immanuelkirche in Königstein im Taunus bekommt in diesen Tagen ein neues Rosettenfenster eingebaut... - konzipiert und gestaltet von dem Künstler Bernhard Adams, der an der Kunstakademie in Düsseldorf als Meisterschüler von Katharina Grosse abgeschlossen hat. Als weltweit erstes Kirchenfenster werden drei Ansichten von Adams über Blockchains gesichert als NFTs (Non Fungible Token) über Kryptowährungen versteigert werden. Dr. Jessica Knall Seemeyer sprach mit dem Künstler Bernhard Adams und der Kunsthistorikerin und Kunstmarktexpertin Dr. Ruth Polleit Riechert. Knall Seemeyer: Herr Adams, weswegen wollte die Immanuelkirche ein neues Fenster einbauen lassen? Adams: Die Gründe dafür waren relativ unspektakulär. Es war der Gemeinde schon lange ein Anliegen, das Fenster zu erneuern, weil das alte Fenster relativ schmucklos war. Dazu kam eine Abfolge von Ereignissen: Wegen einer Orgel vor dem Fenster konnte man das vorherige Fenster vom Innenraum gar nicht sehen. Der Impuls, tätig zu werden, kam schließlich von Gerald Faßbender, Finanzvorstand der Kirchengemeinde, der schon vorher durch Projekte mit Ruth Polleit Riechert auf meine Arbeit aufmerksam geworden war und meine Werke für sich und seine Familie entdeckt hatte. Er fotografierte das Kirchenfenster im damaligen Zustand – proaktiv –, schnitt es aus, ging zur Gemeinde und der Pfarrerin, Katharina Stoodt-Neuschäfer, und hielt ein Bild von mir hinter das ausgeschnittene Foto mit den Worten: „Das wäre doch was, wollen wir den Künstler nicht einmal einladen?“ Knall Seemeyer: Ich zitiere Sie einmal, Sie sagten: „Vor der jetzigen Rautenverglasung war das Motiv ein Weltgericht mit einem mahnenden Christus. Der Ansatz des neuen Fensters ist das genaue Gegenteil. Es zeigt den Anfang, Genesis statt Apokalypse.“ War das Ihr Leitgedanke beim Schaffensprozess? Adams: Absolut. Zur Korrektur muss ich sagen, dass es zwei Fenster gewesen waren. Erst der mahnende Jesus in einer Pose, als wenn dieser über dem Hauptportal den Kirchenmitgliedern mit erhobener Hand mahnend sagte: „Wir sehen uns nächste Woche!“ Danach kam die Rautenverglasung, weil das alte beschädigte Fenster ausgetauscht wurde. Natürlich hat dies den Schaffensprozess sehr beeinflusst, denn mir war klar, dass ich so eine Geste nicht für meinen Entwurf wählen würde. Ich wollte ein Bild schaffen, das vom Anfang erzählt. Ein positives Bild, in dem die Schöpfung in den Vordergrund getragen wird, in der man das Positive in die Welt bringt anstatt zu mahnen und zu sagen „du darfst nicht“ oder „du sollst“. Ich wollte etwas schaffen, bei dem alle Menschen andocken können. Knall Seemeyer: Gab es bestimmte andere Künstler, andere Kirchenfenster, persönliche Erlebnisse in Ihrem Leben oder Momente, die Sie besonders inspiriert haben? Adams: Ja, da kam vieles zusammen. Als klar war, dass ich für dieses Fenster mir einen Entwurf überlegen musste, machte ich einen Roadtrip durch Europa, bei dem ich mir viele Kirchen anschaute: die von Matisse gestaltete Rosenkranzkapelle in Vence, den Mailänder Dom, in Reims die Glasfenster von Imi Knoebel und Marc Chagall. Ich habe mir die Alhambra in Granada angeschaut, in der man noch nicht vom Fenster, sondern vom „schön gestalteten Loch in der Wand“ sprechen muss, wo die Fenstergestaltung ihren Anfang genommen hatte. Weil ich mit Glas noch nie gearbeitet hatte, musste ich den Werkstoff Glas verstehen. Mit großer Expertise stand mir dabei die Firma Derix zur Seite. Wir haben gemeinsam viele Sachen betrachtet, die ich mir wiederum an den Kirchenfenstern vor Ort genau anschauen konnte. Ganz viel Inspiration kommt natürlich auch aus meinem Atelier. Mir war bei der Gestaltung des Kirchenfensters wichtig, dass es authentisch von mir kommt. Also identifizierte ich für den Entwurf die Schnittstelle zwischen dem sakralen Kontext und meiner eigenen Atelierpraxis. Das sind nur einige Beispiele der Einflüsse … Knall Seemeyer: Was für eine Technik haben Sie schließlich bei diesem Glasfenster angewendet? Adams: Bei der Fertigung ist ein besonderes Verfahren zum Einsatz gekommen. Gegenüber einer klassischen Bleiverglasung, bei der einzelne Fenstersegmente mit Bleiruten aneinander gefasst sind, haben wir es hier mit einem Fenster zu tun, bei dem die Glasstücke auf einer Trägerscheibe montiert sind. Das hat mir als Künstler erlaubt, mit ganz feinen Kontrasten und einer natürlichen Bildtiefe zu arbeiten, die ich normalerweise nicht habe, wenn alle Flächen in meinem Bild von einem harten Schwarz unterbrochen sind. Diese feine Tiefenwirkung, die ich sonst nur auf einer Leinwand habe, konnte nur durch die Technik mit Trägerscheibenmontierung erzielt werden. Knall Seemeyer: Können Sie den Leserinnen und Lesern das Motiv des Fensters erläutern? Adams: Das Motiv ist ein Stern, der sich von einem Zentrum aus nach außen hin mit seinen Strahlen ausbreitet. Das Zentrum ist sehr fein segmentiert, nach außen hin wird es dann grober, es breitet sich in immer breiter werdenden Streifen aus. Indem ich eine einfachere Sternenform genommen habe, diese rotieren ließ, so dass sie sich immer wieder mit sich selber schnitt, also überblendete, entstand das hier zu sehende Motiv. Wie genau der Prozess ablief, kann man auch in einem der drei NFTs sehen, die wir zu diesem Kirchenfenster versteigern: Indem sich der Stern bewegt, formt sich die komplexere Figur, das Endmotiv: Dieses NFT liefert somit eine Zusatzinformation zum Entstehungsprozess. Knall Seemeyer: Von der Farbwahl her, das konnte ich schon sehen, haben Sie mehrere Farben benutzt. Im Zentrum steht das Gelb, außen aber auch Blau und Rot. Was war Ihre Intention, diese Farben zu wählen? Adams: Es sind alles Farben, die natürlicherweise als Licht vorkommen, was man auch häufig bei Sternen sehen kann, wenn man in den Himmel schaut: Da gibt es rote, da gibt es blaue Sterne, weiße, gelbe … Das Fenster mit der Rautenverglasung hatte zuvor ein fahles grünes Licht in den Kirchenraum geworfen. Das heißt, wenn die Pfarrerin sonntags am Altar stand und predigte, hatte sie eine fahle Blässe im Gesicht. Es brachte eine unvorteilhafte Atmosphäre in den Kirchenraum. Darum war es für mich ein wichtiger Aspekt, Grün nicht im Entwurf dominant werden zu lassen. Ich möchte ein warmes Licht in den Kirchenraum bringen. Knall Seemeyer: Frau Dr. Polleit Riechert, Sie sind Kunsthistorikerin und Kunstmarktexpertin, gerade für zeitgenössische Kunst. Mit Herrn Adams haben Sie bereits in Königstein einige Projekte zusammen gemacht. Dieses Fenster wird nun weltweit als erstes Kirchenfenster überhaupt im Kryptowährungs-Kunsthandel als NFT gehandelt werden. Was war Ihre Grundidee, warum gerade dieses Kirchenfenster mit NFT vermarkten? Polleit Riechert: Wir möchten innovativ das Alte mit dem Neuen verbinden. Auf der einen Seite haben wir alte traditionelle Glaskunst, versehen mit einem Entwurf eines jungen Künstlers, was an sich schon ein absolutes Novum ist. Normalerweise sind Künstler, die Kirchenfenster konzipieren, eher über 70 Jahre und älter. Bernhard Adams dagegen ist Jahrgang 1990. Wirklich sehr, sehr jung noch, um ein Kirchenfenster zu entwerfen. Obendrauf nehmen wir das Thema, welches die Generation von Bernhard Adams beschäftigt: die digitale Kunst. Da bietet es sich an, diesen Entwurf in ein NFT zu verwandeln. Klassisches Kunsthandwerk und Kirchenkunst wird somit nicht nur interessant für die älteren Generationen, sondern auch die jungen. Damit kann auch Pfarrerin Katharina Stoodt-Neuschäfer sehr viel anfangen, weil sie gerne in ihrer Kirche die verschiedenen Generationen miteinander verbindet. Knall Seemeyer: Wie ist das Prinzip des NFT-Erwerbs zu verstehen? Polleit Riechert: Nun, Bernhard Adams ist als Künstler sehr vielseitig; er hat nicht nur digitale Entwürfe gemacht, sondern sein Werk umfasst klassische Malerei auf Leinwänden, in der wir auch Farbüberlagerungen sehen können. Dies passiert im digitalen Entwurf durch die Mechanik – sehr schön zu sehen in den Glasformationen. Doch den digitalen Entwurf konnte man normalerweise nicht am Markt anbieten, weil Dateien kopierfähig sind. Somit konnten Künstler digitale Entwürfe auch nicht verkaufen – die Datei musste bei ihnen verbleiben. Indem wir nun von dem digitalen Entwurf drei Ansichten als fälschungssichere NFTs generieren, können wir diese zur Versteigerung anbieten. Das heißt, Interessenten können an diesem Glaskunstwerk durch den Erwerb teilhaben. Das ist etwas vollkommen Neues. Sonst hätte man nur in der Kirche das Kunstwerk gesehen. Wir haben für die NFTs die Anzahl drei gewählt, um Bezug zur Dreieinigkeit als kirchliches Thema herzustellen. Angeboten werden drei verschiedene Ansichten, jeweils als Unikat. Knall Seemeyer: Es macht also für digitale Entwürfe einen besonderen Sinn, diese über NFT zu versteigern. Während der digitale Verkauf von Fotos von Gemälden oder Kirchenstatuen auf so einer Plattform weniger Sinn macht …? Sehen Sie die NFT-Kunstvermarktung vor allem für zeitgenössische Kunst als geeignet an? Polleit Riechert: Digitale Dateien sind kopierfähig und somit nicht handelbar. Das war das Problem der digitalen Künstler, die ihre Werke nicht einem breiten Publikum verkaufen konnten. Die NFT-Technologie ist ein kunsthistorischer Meilenstein für digitale Kunst. Aber nicht nur digitale Kunst, sondern auch analoge Kunst profitiert von der NFT-Technik. So können Gemälde mit einer digitalen Zertifizierung auf der Blockchain fälschungssicher abgelegt und hochpreisige Meisterwerke fraktionalisiert werden. Digitale Kunst als auch bislang unerschwingliche Blue Chip-Kunst wird damit investierbar für jedes Budget. Die NFT-Technik fungiert in den meisten Fällen als neues Tool für Künstler und als Verbriefung für Käufer. Die Möglichkeiten sind endlos. Knall Seemeyer: Nun ist ja der enorme CO2-Bedarf Gegenstand der Kritik am Kryptowährungshandel. Es gibt inzwischen auch energiesparende Kryptowährungen. Stehen NFT-Plattformen mit energiesparenden Kryptowährungen bereits für den Kunsthandel bereit? Und wenn ja, schauen Sie danach? Polleit Riechert: Sie sprechen ein sehr spannendes Thema an, das ich gern in einen globalen Kontext stellen möchte: Weltweit werden regelmäßig physische Kunstwerke von Ausstellung zu Ausstellung und zu internationalen Messen transportiert. Gerade aktuell treffen auch wieder viele vermögende Sammler und Celebrities mit Privatjets auf der Art Basel ein. Wichtig wäre zu wissen, wie hoch der CO2-Verbrauch hier im Vergleich ist. Interessant ist, dass im innovativen Kunst-NFT- Markt das Problem erkannt wurde und sogleich an neuen Lösungen, also energiesparenden Marketplaces, gearbeitet wird, während sich im traditionellen Kunstmarkt nur wenig ändert. Fest steht, dass Künstler in jedem Fall bereits Produktionskosten einsparen, wenn sie ihre digitalen Kunstwerke auf den Plattformen zum Verkauf anbieten können. Die Zukunft wird hoffentlich sein, dass sich beide Modelle - sowohl der digitalen als auch der analogen Betrachtung und des Verkaufs - verantwortungsbewusst und sinnvoll ergänzen. Knall Seemeyer: Nun gibt es von staatlicher Seite Überlegungen, den Kryptowährungshandel mehr zu reglementieren, diesem einen Ordnungsrahmen zu setzen. Inwiefern wird dies auch den Kunstmarkt betreffen? Polleit Riechert: Der neue NFT-Markt ist gerade erst einmal ein Jahr alt. Im vergangenen Jahr wurde durch den Auktionsrekord des Kunstwerks von Beeple eine Art NFT-Tsunami ausgelöst. Vorher gab es schon den Markt, aber er wurde noch nicht von der breiten Bevölkerung wahrgenommen, war noch nicht massentauglich. Daher gibt es jetzt noch viele Graubereiche, die aber erkannt wurden, wie beispielsweise Fälschungen und Geldwäsche. Ich bin ganz optimistisch, dass man für alles Lösungen finden wird. Im klassischen Kunstmarkt gibt es diese Probleme schon immer. Wir müssen davon ausgehen, dass mindestens 30 Prozent aller physischen Werke an Museen und in Sammlungen Fälschungen sind. Die neuen Technologien bieten über die Absicherung von analoger und digitaler Kunst auf der Blockchain eine Möglichkeit, das Problem der Fälschungen zu lösen. Ich glaube, dass die Regulierung des neuen Kunstmarkts auf den Online-Plattformen sehr viel schneller stattfinden kann als im klassischen Kunstmarkt. Die Marketplaces sind durch die neuen Technologien sehr transparent aufgestellt. Das wird das Vertrauen der Käufer bestärken. Adams: Vielleicht noch ein wichtiger Aspekt aus der „Kryptoperspektive“: Diese von mir angebotenen NFTs sind auch deswegen interessant, weil es zu den NFTs einen realen Gegenwert gibt, der nicht verschwindet, eben das Kirchenfenster. Das gibt den NFTs einen Bestand, der sich an einem existierenden Werk und auch dessen Wert orientiert, also trendunabhängig sind. Das im Gegensatz zu der rein digitalen Kunst. Bei anderen NFTs ist das ... ich will nicht sagen eine „bubble“, aber der Wert ist aus der Luft gegriffen. Polleit Riechert: …und der Vorteil, dass digitale Kunstwerke oder Entwürfe sonst nicht öffentlich zugänglich waren. Künstler haben sie meist nur an Museen oder professionelle Sammler abgegeben, damit sichergestellt wurde, dass sie sicher gelagert werden. Aber sie waren im Grunde nicht handelbar und nicht fälschungssicher. Deswegen landeten sie eher im Safe, in der Schublade, im Archiv und die Öffentlichkeit konnte nicht teilhaben. Knall Seemeyer: Herr Adams, Sie schlagen hier einen Bogen von der bisherigen zur zukünftigen Vermarktungsstrategie. Auf das Werk zurückkommend: ein zeitgenössisches Werk in einer durch und durch historischen Kirche … Nimmt das Fenster Bezug zu den historischen Elementen der Kirche auf, vielleicht auch zu historischen Begebenheiten? Adams: Ich hatte mir im Voraus alles ganz genau angeschaut. Aus meinem Training als Maler an der Kunstakademie und besonders bei Katharina Grosse bin ich es gewohnt, im architektonischen Kontext zu arbeiten. Ich weiß, dass mein Bild immer eine Beziehung zum Raum eingeht, auch wenn ich wegschaue passiert das trotzdem. Bilder verändern den Raum und der Raum nimmt Einfluss auf das Bild. Genauso wie bei meinen Leinwandarbeiten habe ich das beim Kirchenfenster beachtet. Tatsächlich wurden von mir noch weitere Aspekte mitgedacht, Aspekte technischer Art zum Beispiel. Eben angesprochen war, dass das Licht, welches vom Fenster in den Kirchenraum strahlt, ganz wichtig ist: Wie das Licht sich im Kirchenraum verteilt, welche Lichtstimmungen es gibt. Diese Kirche ist gegenüber einer normalen Kirche nicht Richtung Osten ausgerichtet, sondern Richtung Westen. Das heißt, wenn hier am Sonntagvormittag ein Gottesdienst ist, ist das Fenster hell erleuchtet, die Sonne steht dahinter. Das waren alles Besonderheiten, die ich mitgedacht habe. Auch von der Gemeinde her war es so gewollt, dass man einen mutigen Schritt nach vorne gehen wollte: „Wir holen uns etwas Zeitgenössisches in den Kirchenraum.“ Diese Kirche ist in sehr vielen Aspekten historisch. Das Kirchenfenster ist somit auf jeden Fall ein Schritt nach vorne. Bezüglich der dargestellten Form habe ich nicht auf die vorhandene Kunst im Innern Bezug genommen, aber Natur des Raumes bedacht. Und ich habe den Dialog mit der Gemeinde gesucht. Mir war der Bezug zur Gemeinde wichtiger als der Bezug zu der architektonischen Beschaffenheit der Säulen oder Ähnliches. Polleit Riechert: Als ich damals Bernhard Adams in der Kunstakademie in Düsseldorf entdeckte, war das Erste, was ich von ihm sah, eine riesige bemalte Wand. Seitdem ist mir klar, dass Bernhard Adams mit Räumen umgehen kann, in sehr großem Format, wie es ja auch Katharina Grosse macht. Das ist natürlich eine Voraussetzung für jemanden, der so ein Kunstwerk umsetzt. Knall Seemeyer: Es gibt ja auch dieses, wie ich finde, sehr schöne und große Werk „Kristall“ von Ihnen, das Außenfenster bei der jüdischen Gemeinde in Frankfurt. Sind Sie eine Art Brückenbauer zwischen den Religionen? Das ist mir spontan im Zusammenhang mit dem “Kristall“ in den Sinn gekommen als ich zudem las, wie Sie sich zum Stern als ihr Leitmotiv äußerten … Verstehen Sie sich als solch interreligiöser Brückenbauer oder was bedeutet der Stern für Sie? Adams: Das wäre auf keinen Fall etwas, was ich verneine. Ich finde es jedoch schwierig, zu sagen, das ist mein Auftrag. Das glaube ich nicht. Sondern ich muss ehrlich sagen, es sind Gelegenheiten, die sich mir aufgetan haben und die ich wahrgenommen habe. Ich weiß aber, dass religiöse Kontexte sehr bedeutungstragend sind. Dementsprechend bin ich dieser Gelegenheit mit großem Respekt begegnet, denn ich weiß, dass die Fassade der jüdischen Gemeinde in Frankfurt sich entscheidend durch mein Werk verändert hat. Mir ist klar, dass damit eine gewisse Verantwortung einhergeht und habe dies dementsprechend geachtet. Obwohl “Kristall” ambivalent in der Bedeutung ist, bin ich grundsätzlich in meiner Kunst darauf bedacht, positiv zu wirken, zeige gerne eine positive Kraft. In meiner Arbeit hebe ich nicht den Zeigefinger, ich mahne nicht. Auch möchte ich es nicht verurteilen, wenn andere Künstler mahnen, genieße es sogar, die Werke mir anzuschauen, aber es ist nicht meine Art. Mein Ansatz macht jedoch mein Werk erstaunlich kompatibel zum religiösen Kontext. Vielleicht hat es deshalb auch diese Gelegenheiten gegeben. In meiner Malerei untersuche ich den Sternenhimmel als ein Motiv, welches so etwas wie „die erste Leinwand“ war. Wie auch immer Malerei begonnen hat, ich glaube, es hat etwas damit zu tun, dass unsere Vorfahren in den Sternenhimmel geschaut haben und ihre Vorstellungen hineinprojiziert haben. Das ist die Art von profunder Untersuchung, die auch im religiösen Kontext wichtig ist. Vielleicht passt es deshalb so. Knall Seemeyer: In der jüdischen Gemeinde Frankfurt heißt ihr Werk „Kristall“, haben Sie für ihr Werk in Königstein schon einen Namen? Adams: Tatsächlich nicht. Der Titel ist ja immer so eine Sache. Es kreist um etwas, aber ist noch nicht endgültig gefunden. Knall Seemeyer: Dann werden wir es gespannt weiterverfolgen. Am 24. Juni 2022 findet die Einweihung dieses Kirchenfensters hier in Königstein im Taunus an der Immanuelkirche statt. Wie kann man sich das vorstellen? Polleit Riechert: Die Kirchengemeinde ist eingeladen, es wird eine offizielle Einweihung geben. Zudem werden weitere Werke von Bernhard Adams im nahegelegenen Herzogin-Adelheid-Stift zu sehen sein. Dort bekommt man auch noch mehr eine Idee davon, in welchem Zusammenhang die Arbeiten auf Leinwand zum Fenster von Bernhard Adams stehen. Ein schöner Bogen, der da gespannt wird. Knall Seemeyer: Ab dem 24. Juni 2022 beginnt zudem die zweiwöchige Versteigerung der drei NFTs auf der Plattform OpenSea. Polleit Riechert: Im Grunde genommen präsentieren wir mit Bernhard Adams Werk die verschiedenen Medien: digitale Kunst auf OpenSea, Malerei im Stift, die Einweihung des Kirchenfensters in der Kirche. So etwas ist noch nie vorgekommen. Es wird weltweit das erste NFT für ein Kirchenfenster sein.